Stealthing: Wenn der Partner das Kondom heimlich abzieht

Veröffentlicht am 13. März 2025 von Thomas
Stealthing: Wenn der Partner das Kondom heimlich abzieht

Haben Sie sich schon einmal gefragt, was passiert, wenn ein Mann während des Geschlechtsverkehrs das Kondom heimlich abzieht, ohne Partnerin oder Partner darüber zu informieren? Dieses unter dem Begriff Stealthing bekannte Phänomen wirft viele Fragen zu einvernehmlichen sexuellen Handlungen und der Sicherheit in sexuellen Beziehungen auf.

Stealthing wird von vielen als einfacher Vertrauensbruch angesehen. Dabei kann es ernsthafte körperliche und emotionale Folgen haben. In diesem Artikel geht das LOVE Team dem Phänomen Stealthing auf den Grund. Wir haben für Sie recherchiert, was Stealthing genau ist, warum es ein Problem darstellt und wie Sie sich davor schützen können.

Was ist Stealthing?

Stealthing ist, wenn ein Mann das Kondom während des Geschlechtsverkehrs heimlich und ohne das Einverständnis von Partnerin oder Partner abzieht. Im Gegensatz zum einvernehmlichen Abziehen des Kondoms liegt bei Stealthing eine einseitige Entscheidung zugrunde, meist mit der Absicht, persönliche Vorlieben auszuleben (wie einen Breeding-Fetisch) oder ein Risiko einzugehen, ohne die Konsequenzen zu tragen. In der Regel beruht Safer Sex auf einer gegenseitigen Vereinbarung, bei der sich alle Beteiligten dazu verpflichten, die Sicherheit des Partners oder der Partnerin zu respektieren. Stealthing, bei dem das Kondom heimlich und ohne Vorwarnung entfernt wird, ist das genaue Gegenteil davon und verletzt das in die Beziehung gesetzte Vertrauen.

Dieses Vorgehen ist ein Thema, das immer häufiger aufkommt, nicht zuletzt weil es dabei um eine Form des Missbrauchs geht. Dabei ist Stealthing in der großen Öffentlichkeit noch kein wesentliches Thema. Oft merkt das Opfer nicht einmal, was vor sich geht, bis es zu spät ist, was die Tat noch gefährlicher und schwerer zu verhindern macht.

Warum Stealthing so problematisch ist

Das nicht einvernehmliche Abziehen des Kondoms setzt das Opfer sofort mehreren Risiken aus. Zunächst besteht ein Risiko der Übertragung von sexuell übertragbaren Infektionen (STI) wie HIV, Herpes oder Hepatitis, da das Kondom eine der wichtigsten Schutzmaßnahmen gegen diese Infektionen ist. Indem der Täter diesen Schutz entfernt, ohne Partnerin oder Partner zu informieren, nimmt er Partnerin bzw. Partner die Kontrolle über die eigene Gesundheit und Sicherheit.

Neben den körperlichen Risiken kann Stealthing auch emotionale Folgen haben. Das Opfer kann sich betrogen, beschämt und gedemütigt fühlen, denn ein sexueller Akt sollte immer auf Respekt und Kommunikation basieren. Das fehlende einvernehmliche Vorgehen beim Stealthing kann auch das Vertrauen in eine Beziehung tiefgreifend stören und dauerhafte psychische Schäden hinterlassen. Darüber hinaus kann natürlich auch eine ungeplante Schwangerschaft daraus entstehen, was für die geschädigte Person weiteren Stress und eine enorme Verantwortung mit sich bringt.

Schließlich ist Stealthing ein Vorgehen, das gegen die Prinzipien der Intimität verstößt, nach denen jede Person die Freiheit haben sollte, selbst zu entscheiden, was mit ihrem Körper geschieht. Durch die Unterdrückung dieser Freiheit werden bei diesem Vorgehen die Würde des Menschen und die persönliche Entscheidungsfreiheit grundlegend verletzt.

Ist Stealthing eine Straftat?

In der deutschen Gesetzgebung wurde zu Stealthing bisher noch kein eigenständiger Straftatbestand festgelegt. Es sind also die Gerichte, die darüber entscheiden, ob Stealthing in einem bestimmten Fall als Straftat zu werten ist oder nicht. Bisher gab es schon mehrere Fälle, bei denen es bis zur Anklage kam. Auch der Bundesgerichtshof (BGH) befürwortet eine Strafbarkeit, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

Entscheidend für die Frage, ob es sich beim Stealthing um eine Straftat handelt oder nicht, ist die Tatsache, ob vorher ausdrücklich geschützter Sex (Safer Sex) vereinbart wurde oder nicht. So kann zum Beispiel ein sexueller Übergriff (§ 177 Abs. 1 StGB) vorliegen, wenn vorher ausrücklich Geschlechtsverkehr nur mit Verwendung eines Kondoms vereinbart wurde. Wird bei dem ungeschützten Geschlechtsverkehr eine Geschlechtskrankheit übertragen, kann der Täter außerdem wegen (fahrlässiger) Körperverletzung verurteilt werden. In manchen Fällen kann auch eine Strafbarkeit wegen Vergewaltigung (§ 177 Abs. 6 StGB) vorliegen.

Der Täter kann also nicht nur mit einer Verurteilung wegen eines sexuellen Übergriffs rechnen, für den eine Freiheitsstrafe zwischen 6 Monaten mindestens und 5 Jahren höchstens droht, sondern auch wegen Vergewaltigung mit einer Freiheitsstrafe von nicht unter 2 Jahren. Wurde bei dem ungeschützten Geschlechtsverkehr außerdem eine Geschlechtskrankheit übertragen, kann zusätzlich eine gefährliche Körperverletzung hinzukommen (§ 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB) mit einer Freiheitsstrafe von mindestens 6 Monaten bis zu 10 Jahren. Zivilrechtlich kann das Opfer auf Schmerzensgeld klagen.

So schützen Sie sich vor Stealthing

Der wirksame Schutz vor Stealthing beginnt mit einer offenen und ehrlichen Kommunikation vor und während des Geschlechtsverkehrs. Für einvernehmlichen Sex ist es unerlässlich, die gegenseitigen Erwartungen und Grenzen zu besprechen, insbesondere in Bezug auf die Verwendung von Verhütungsmethoden. Es muss sichergestellt werden, dass das Kondom während des gesamten Geschlechtsverkehrs getragen wird.

Wer konkret befürchtet, Opfer von Stealthing zu werden, kann auch andere Möglichkeiten in Betracht ziehen. Vor dem Eindringen lässt sich zum Beispiel das Kondom prüfen, um sicherzugehen, dass es richtig sitzt und nicht ohne Ihr Wissen entfernt werden kann. Für den Fall, dass Sie sich in der Situation unwohl fühlen, ist es ratsam, den Geschlechtsverkehr lieber sofort zu unterbrechen und das Gespräch zu suchen. Denken Sie immer daran, dass jede Person das Recht hat, den Geschlechtsverkehr jederzeit abzubrechen, wenn man sich in Gefahr oder unwohl fühlt.

Grundsätzlich gilt, dass die Aufklärung über das einvernehmliche Vorgehen beim Sex und die Achtung persönlicher Grenzen in sämtlichen Gesprächen über Sexualität verstärkt Raum bekommen sollte. Ein vertrauensvolles und aufgeklärtes Umfeld, in dem man transparent und respektvoll miteinander umgeht, ist der beste Schutz gegen jede Form der Aggression.

Sie sind Opfer von Stealthing geworden. Was tun?

Wenn Sie Opfer von Stealthing geworden sind, sind sowohl auf körperlicher als auch auf emotionaler und rechtlicher Ebene Maßnahmen zu ergreifen.

Auf der körperlichen Ebene besteht der erste Schritt darin, einen Arzt aufzusuchen, um die Risiken im Zusammenhang mit sexuell übertragbaren Infektionen (STI) oder einer ungewollten Schwangerschaft zu überprüfen. Empfehlenswert sind ein Test auf STI sowie eine Notfallverhütung, wie die Pille danach.

Aus rechtlicher Sicht können Stealthing-Opfer Anzeige erstatten. Wenn Sie sich unsicher sind, lassen Sie sich von Verbänden oder Vereinen, die auf Opferhilfe oder sexuelle Gewalt spezialisiert sind, beraten. Parallel dazu können Sie sich natürlich auch durch einen Anwalt beraten lassen.

Was die psychologische Unterstützung angeht, sollten Sie daran denken, dass Stealthing traumatisierende Folgen haben kann. Psychologische Fachkräfte wie Psychologen oder Fachberater können Ihnen die nötige Unterstützung bieten, um die psychologischen Auswirkungen dieser Tat zu verarbeiten. Auch hier können Sie an einschlägige Beratungsstellen wenden, um eine persönliche psychologische Beratung zu erhalten.

Lassen Sie sich helfen! Es gibt Unterstützung und Rechtsmittel, die Ihnen helfen können, diese Erfahrung zu verarbeiten und Gerechtigkeit zu erlangen.

Stealthing ist ein gefährliches Phänomen, das die Prinzipien des einvernehmlichen Vorgehens beim Sex einfach aushebelt. Es ist unerlässlich, das Bewusstsein für diese Problematik zu schärfen, Gespräche über das Respektieren von Grenzen zu verstärken und die eigenen Rechte durch eine klare Kommunikation und angemessene rechtliche Unterstützung zu schützen. Wenn Sie Opfer von Stealthing geworden sind, denken Sie daran, dass Sie nicht allein sind. Es gibt Beratungsstellen, Vereine und Verbände, die Sie beraten, begleiten und schützen können. Achten Sie auf sich, Ihre Sicherheit und Ihr Wohlbefinden und lassen Sie sich helfen, wenn Sie Hilfe brauchen.